12.06.2023
Kolumne "Vielfalt und Glaube" - von Kevin Hosmann

„Es gibt doch heute wirklich wichtigere Themen!“ – diesen Satz sagte mir eine kirchliche Mitarbeiterin, nachdem ich mich geöffnet hatte, von meinen Erfahrungen berichtete.

Du bist willkommen. Ohne "aber".

Ich machte deutlich, warum es mir wichtig ist, mich für queeres Leben in der Kirche einzusetzen. Kein Thema mehr – schön wär’s! Das meine ich aufrichtig: Ich würde mich freuen, wenn es wirklich kein Thema mehr wäre, dass ich mit einem Mann verheiratet bin, dass eine Pfarrerin lesbisch ist oder derdie Jugendreferentin nonbinär.
Ich würde mich freuen, wenn unsere Gemeinden aufrichtig offen sind für alle – und nicht nur vorgeben, das zu sein. Ich würde mich freuen, wenn hinter „Du bist willkommen“ kein „aber“ folgt und wenn meine sexuelle Orientierung, meine Identität kein Bewertungskriterium für meinen Glauben mehr ist. Ich würde mich freuen, wenn der Buchstabe nicht mehr vorm Menschen steht, sondern Gottes Geist uns verbindet. Wenn wir in unseren Kirchen sagen, was wir meinen und dann aber auch meinen, was wir sagen. Das kann unbequem sein.
Wir lernen miteinander, sind auf dem Weg, werden einander verletzen und ganz sicher Fehler machen. Wir können es uns aber nicht mehr leisten (und konnten es noch nie!), queere Menschen hinten runterfallen zu lassen. Ich wünsche mir, dass wir als Kirche aktiv queere Lebens- und Leidensgeschichten wahrnehmen, ernstnehmen und teilen. Jeder queere Mensch, der sich enttäuscht und verletzt von der Kirche (und damit oft auch vom eigenen Glauben) abwendet, ist einer zu viel.

Ganz wichtig: es geht hier nicht um Ansichten, Formeln oder Glaubenssätze – es geht um Menschen, von Gott geliebt und geschaffen. Wie können wir uns da nicht anrühren und bewegen lassen? Dass wir als Kirche flächendeckend safe place für queere Menschen sind, ist leider noch Zukunftsmusik. Ich wünsche mir, dass wir sie spielen, laut und vereint, und dass Liebe den Takt angibt. Ich glaube, dabei haben wir Jesus unbedingt an unserer Seite!