02.01.2023
"Du bist ein Gott, der mich sieht." (Genesis 16,13)

Vom Schattendasein ins Licht. So könnte man Gottes Geschichte mit den Menschen beschreiben.

Ich glaube, das ist die Geschichte, die er mit jeder und jedem von uns gerne schreiben möchte. Wenn Gott uns SIEHT, dann ist das mehr als das bloße Auge fassen kann. Gott sieht uns, so wie wir sind. Er sieht uns ins Herz, und er schaut nicht weg - was auch immer er da findet. Er kennt uns. Er versteht uns. Er sieht uns und wendet sich uns zu.

Was dieses "Sehen" bedeutet, das erfahren wir in der Geschichte der Jahreslosung 2023. Dort wendet sich Gott Hagar zu, als sie allein und verlassen in der Wüste an einem Brunnen sitzt. Sie ist schwanger von Abraham, dem großen jüdischen Stammvater – auf Wunsch ihrer Herrin Sarah, der Ehefrau Abrahams, die ihm selbst keine Kinder schenken konnte. Hagars Geschichte ist eine Unterdrückungsgeschichte, traurig und schmerzvoll. Durch Gottes Handeln wird sie dennoch gleichzeitig eine segensreiche Geschichte. In der Wüste am Brunnen begegnet ihr der Engel des Herrn und verheißt ihr einen Sohn "Ismael" und viele weitere Nachfahr:innen. In dieser für Hagar aussichtslosen Situation erscheint ihr Gott als ein Gott, der sie sieht und der sich ihr zuwendet. Er lässt sie nicht allein. Das bekennt sie dann auch, indem sie spricht: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Gott holt Hagar aus dem Schattendasein ins Licht.

Nach ihrer Begegnung mit dem Engel Gottes kehrt Hagar zurück zu Abraham und Sara. Sie gebärt ihren Sohn Ismael. Allerdings bekommt auch Sara entgegen ihrer eigenen Erwartung noch einen Sohn. Diesen nennt sie Isaak. Er soll nun der rechtmäßige Erbe Abrahams sein, nicht Ismael, der Sohn der Magd. Da kommt es, dass Hagar und Ismael verstoßen werden. In der Wüste, dem Tode geweiht, begegnet ihr der Engel des Herrn ein zweites Mal. Er spicht zu ihr und bekräftigt noch einmal seine Verheißung: »Hab keine Angst, Gott hat das Schreien des Kindes gehört! Steh auf und nimm den Jungen bei der Hand; denn ich werde seine Nachkommen zu einem großen Volk machen.« (Genesis 21) So führt Gott Hagar und das Kind zu einem Brunnen und geleitet sie auf sicheren Wegen, so dass sie sich ein neues Leben aufbauen können.

Gott lässt Hagar nicht aus den Augen. Er sieht sie und mit ihr all jene, die ihr Leben im Schattendasein fristen. Er führt sie ins Licht. Und mit ihr auch uns.

Auch im Islam ist die Geschichte Hagars und Ismaels bekannt (in abgewandelter Form) – dort ist Hagar, als Frau Abhrahams und damit Stammmutter der Muslim:innen, zum Inbegriff des Vertrauens und Glaubens geworden. Ihr dort überlieferter siebenfacher Gang in der Wüste gehört bis heute zu den Riten der Pilgerfahrt nach Mekka.

Copyright Foto: Sabine Waldmann-Brun · Jahreslosung 2023  © 2022 Präsenz Medien & Verlag · D-65520 Bad Camberg · www.praesenz-verlag.com


Die Jahreslosung ist eine Art "Parole" oder "Leitvers", die uns durch das Jahr begleiten kann. Sie wird jährlich von der "Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellese" ausgewählt.




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