21.02.2023
Schatten und Licht - Beginn der Passionszeit
Aschermittwoch: Nun beginnt schon die Passionszeit.
Gerade war doch noch Weihnachten, und wir haben Jesu Kommen in die Welt gefeiert. Wir haben das „Fürchte dich nicht“ gehört, das unser Herz so nötig hat, und nun gehören die biblischen Geschichten schon ganz dem erwachsenen Jesus: Wie er gelebt hat, was er so Unerhörtes gesagt und getan hat, dass er dafür sterben musste.
Die Passionszeit war für mich schon immer eine sehr prägende Zeit. In meiner evangelischen Erziehung, die großmütterlicherseits zuweilen sehr orthodox anmutete, war schon früh in meiner Kindheit das Tanzen in dieser Zeit verboten. Es war Trauerzeit: Auf Fleisch haben zumindest die Erwachsenen bei uns verzichtet, und auch sonst waren die biblischen Geschichten und Lieder auf Karfreitag ausgerichtet. Die Zeit brachte immer etwas Dunkles und Trauriges mit sich. Es war eine intensive Zeit, die ich in aller Schwere nicht hätte missen wollen.
Doch vieles veränderte sich mit den Jahren: Je älter ich wurde, umso stärker traten Fragen in den Vordergrund: Warum? Warum musste Jesus leiden und sterben? Auch der eigene Leidensdruck, der mir manchmal vermittelt wurde, wenn es um christlichen Glauben und Nachfolge ging, geriet zunehmend ins Wanken. Gott als solcher, der Leiden will oder verlangt, erschloss sich mir nicht. Nicht im Leben Jesu und auch nicht in meinem eigenen Leben. Gott wurde für mich vom Verursacher des Leids zur Trösterin. Anstatt zu verlangen, hörte ich immer mehr Ermutigung und Trost in den Geschichten. So hat sich die Passionszeit gewandelt.
Sie ist für mich immer noch Zeit der inneren Einkehr und der Besinnung, in der auch die schweren Töne ihren Platz haben und ich in besonderer Weise über Jesu Tod nachdenke. Gleichzeitig ist es nicht nur Leidenszeit, sondern auch Zeit des Aufbruchs, des Umbruchs, auch des Fragens und Erforschens. Zeit für Leidenschaften. Wofür brenne ich? Was ist mir wichtig? Wofür möchte ich mich einsetzen, und wie finde ich die Kraft dazu?
Für mich liegen Schatten und Licht nah beieinander. Mehr sogar – sie bedingen sich. In der Passionszeit nehme ich mir daher gerne Zeit für beides.
Jennifer Scherf, Pfarrerin der OnlineKirche