17.10.2023
Kolumne Verantwortung: Es betrifft mich
Es wäre so einfach. Beide Augen fest verschlossen, eine weiche Decke um die Schultern, Türen und Fenster blocken alles ab, was es wagt von draußen zu uns zu dringen.
Es geht uns doch gut, kein Grund zur Sorge. Es betrifft mich ja nicht. Es ist eigentlich ja auch so weit weg, die Sache mit dem Krieg und dem Leid, der Wassermangel und die unvorhersehbaren Klimaänderungen, die Erlebnisse von Gewalt gegen Menschengruppen. Ist ja nicht mein Problem.
Die Einfachheit trügt, glaube ich, denn das Leid unserer Umwelt geht uns unbedingt etwas an. Und was einfach klingt, macht Herzen hart, die weich sein sollten, schirmt uns ab, von dem, was uns ausmacht, unserer Menschlichkeit und dem Mitgefühl, dem mit anpacken, uns zu halten und auszuhalten, wenn wir leiden.
Gerade im christlichen Kontext kann es kein “Das betrifft mich eh nicht” geben, denn wir folgen jemandem nach, der sich radikal für die Menschen an den gesellschaftlichen Rändern einsetzte, bei denen sich der Rest der Bevölkerung wohl dachte “Ist ja nicht mein Problem.” Ich bin der festen Überzeugung, dass es etwas gibt, was uns Menschen verbindet, einen göttlichen Funken, ein Beseelt sein, Ruach, wenn man möchte. Es ist unbestreitbar, dass jedem Menschen als Gottes Geschöpf die selbe Würde zukommt und dass die Wertigkeit eines Menschen weder in dessen Produktivität noch in anderen menschlichen Kategorien auf- oder abwertbar ist.
Mein Glaube gibt mir die Stärke zu sagen "Nichts muss bleiben wie es ist", sondern wir haben die Möglichkeit positive Veränderung herbeizuführen und füreinander einzustehen.
Glauben ist politisch, unbestreitbar. Und wer ihn konsequent zu Ende denkt, kann nur dabei landen, dass Solidarität und Empathie zur Glaubenspraxis gehören müssen. Die christliche Botschaft ist keine flauschige Decke und kein Schirm vor den Wehrufen dessen was um uns geschieht, sondern sie ist eine eindeutige Aufforderung zum Einsatz füreinander. Das ist vielleicht nicht weich, nicht leise. Aber einfach, einfach kann es sein.
Ein Text von Pfarrerin Veronika Rieger