15.10.2018
Die OnlineKirche geht offline
Was ist wenn die OnlineKirche offline geht? Mangelnde Mobilfunk und Internetversorgung gehört hierzulande leider immer noch zur Realität im Zeitalter der Digitalisierung.
Aber was ist, wenn wir als "Onliner" offline gehen? Wir haben es zumindest versucht und wählten für den Ort unserer Klausur eine abgeschiedene Hütte am Ufer der Bleilochtalsperre. Nach dem letzten Dorf den Berg hoch und dann wieder hinunter. Zuerst der herrlicher Blick ins Tal, dann der bange Blick auf das Handy! Nein, doch, es gibt Empfang! Wenn auch kein LTE so doch genug um Messenger-Nachrichten abschicken und empfangen zu können.
Aber das war nicht ganz so zu erwarten. Deshalb hatte sich Ramón Seliger, der Pfarrer der OnlineKirche auch gut vorbereitet. Alle wichtigen Dokumente, wie z.B. die Etherpads womit wir sonst zusammenarbeiten, hatte er offline verfügbar gemacht. Am letzten Bahnhof vor unserem Tal der Ahnungslosen "zog" er die letzten Daten. Siehe Bild unten.
Und das waren eine Menge an Bits und Bytes. Projekte, die wir im vergangenen halben Jahr umgesetzt haben. Lange Listen mit Ideen und Vorschlägen für unsere Arbeit. Entwürfe, die nie umgesetzt wurden und noch viel mehr Fragen, die wir selbst an die OnlineKirche haben. WAS ist eine OnlineKirche? WO steht sie innerhalb der Landeskirche und dem weltweiten Online-Netzwerk? WAS wollen wir erreichen? Und vor allem WEN wollen wir erreichen? Für mich als Praktiker stellt sich dann auch immer wieder die Frage WIE wollen wir das technisch erreichen? Denn Online hat nunmal auch immer mit Technik und Software zu tun.
Aber bevor wir uns den Fragen widmen konnten, galt es unser Ferienhäuschen sozusagen zu "booten", denn es war richtig "heruntergefahren". Die Rollos hochziehen, Strom einschalten, Kühlschrank starten, Wasser am Pumpenhäuschen holen, Tisch und Stühle auf die Terrasse und die Vorräte verstauen, die Karsten in der Zivilisation besorgt hatte. Dann checken wie die Biotoilette funktioniert, keine Wasserspülung sondern ein extra Häuschen draußen, dazu die Dusche. Wer würde sich am nächsten Morgen im Bretterverschlag mit kaltem Wasser duschen? Naja, davor war der Whiskey am Abend, also an den nächsten Morgen mussten wir erst einmal noch nicht denken.
Jetzt galt es sozusagen die CPU auf Temperatur zu bringen, der Grill verlangte nach Feuer. Aber unsere Gedanken kreisten schon beim Brutzeln der Würstchen um das Thema. Statt die Online-Suchfunktion zu benutzen grasten wir unsere Erinnerungen ab. Was war gut gelaufen? Was war schief gelaufen? Wo erkennt man Resonanz? Wo steckt der Bedarf an Online-Gemeinschaft? Martin war das erste mal dabei und brachte einen frischen Blick auf Schwachstellen, die wir in unserer beginnenden Betriebsblindheit schon nicht mehr wahrnahmen. Gemeinsam versuchten wir zu strukturieren. Wie auch sonst bei unseren Arbeitstreffen teilten Ramón und Karsten die Themen in Zeitblöcke. Aber wie füllen wir sie am besten? Nach mehreren Durchläufen, siehe Bilder unten, waren wir uns einig. Reflexion und Selbstwahrnehmung, Optimierung, neue Formate und Gemeinschaft.
Optimierung! Es hat uns ein wenig überrascht, dass uns immer mehr Gebetsanliegen zugesandt werden. Also ist es nur naheliegend, diesen Bereich zu verbessern und auszubauen. Die Ergebnisse der Optimierungen wird man online verfolgen können.
Vernetzung! Das Online-Netzwerk wird gebildet durch die Vernetzung mit realen Personen und Multiplikatoren. Die Knoten, die wir mit unseren Partnern knüpfen werden das Online-Netzwerk stärken.
Gemeinschaft! Eine Gemeinschaft lebt von den Menschen, die sich dazugehörig fühlen. Sie wollen etwas gemeinsam unternehmen, wollen sich treffen und austauschen. Online-Tools können Distanzen überbrücken und Menschen zusammenbringen die in einer analogen Wüste leben.
Die Zeit war zu kurz, um alles zu bearbeiten was uns auf dem Herzen lag. Aber der Gang durch die Natur hat unseren Horizont geweitet und wenn man die ersten Schritte tut, dann nimmt der Weg manchmal auch eine überraschende Wendung. Ich glaube, als wir den Hügel zuück in die Zivilisation wieder überquerten, war es ein wenig wie bei einem Reset. Es wurde unnötig belegter Speicher freigegeben und Rechenleistung freigemacht für die anstehenden Veränderungen.
Jörg Sorge