17.03.2020
Ganzheitlicher OnlineGottesdienst

Wenn vor Ort keine Versammlungen mehr stattfinden können, liegt es auf der Hand, sich online zu versammeln und das Gemeindeleben zu digitalisieren. Was hilft und was ist zu bedenken?

Ein Livestream aus einer Kirche kann Menschen zu Hause erreichen. So feiern wir gemeinsam Gottesdienst ohne die infektionsgefahr zu erhöhen. Wie das technisch geht, haben andere schon gut beschrieben (Christoph Breit, Karsten Kopjar, Nordkirche)

Aber nach den ersten aktionistischen Impulsen, alles irgendwie online zu kopieren, sollten wir uns fragen: Was brauchen wir wirklich online? Was fehlt uns bzw. den Menschen, wenn Gottesdienste ausfallen? Und wie kann man unterschiedliche Aspekte online ermöglichen.

  • Ein Gottesdienst ist ja nicht nur ein Kinofilm, den ich mir anschaue und hinterher entspannt weiter zappe, sondern er ist ein interaktives Erlebnis. Wir sollten also Wert darauf legen, dass Menschen Gemeinschaft erfahren. Linear streamen kann das ZDF besser als wir, das brauchen wir nicht zu kopieren. Aber eine Interaktion mit Menschen, die ich bereits kenne, kann mir einen Mehrwert bieten, die ich nur in der eigenen "Online-Gemeinde" finde.
  • Die Verkündigung kann dabei tatsächlich als Video online stehen. Viele Gemeinden stellen ohnehin schon Scripte, Podcasts oder Videos bereit. Wenn die Predigt nicht mehr vor Ort gehalten wird, bietet es sich an, eine passende Location zu suchen und sie im Wald, am Küchentisch oder wo es eben passt aufzunehmen. Natürlich unter Wahrung der Sicherheitsvorkehrungen und mit gutem Ton und Licht. Es muss kein großer Aufwand sein, aber ein einfaches Ansteckmikrofon wirkt oft Wunder und ein passendes Setting kann ein biblisches Gleichnis gut unterstützen. Die Predigt muss auch nicht live sein, sondern kann als vorproduzierter Clip sonntags ausgestrahlt werden, um die Gemeinde zu erbauen.
  • Gemeinschaft entsteht im Gottesdienst dadurch, dass man sich trifft, wahrnimmt und ins Gespräch kommt. Über die Predigt, aber auch über Alltagsthemen. Warum nicht einen Chatraum öffnen, wo man in Einzelgesprächen und Gruppen über das reden kann, was gerade dran ist. Das kann über eine datenschutzkonforme Lösung stattfinden, wen diese bereits etabliert ist oder wenn aktuell nichts besseres bereit steht über einen Discord-Server oder eine WhatsApp-Gruppe. Der inhaltliche Austausch steht in der Not über den Datenschutzbedenken (vgl. Ralf-Peter Reimann), wobei man für langfristige Kommunikation durchaus auch Arbeit in sinnvolle Tools wie Zoom (über EKD-Lizenz mehr ab kommender Woche), Nextcloud (auf eigenem Server) oder sichere Messenger (Signal, Threema) investieren sollte.
  • Auch Musik bildet einen wichtigen Teil von Gottesdiensten. Viele Menschen feiern Gott mit alten Kirchenliedern (gemeinfrei, wenn der Autor 70 Jahre tot ist) oder moderner Lobpreismusik (Gema-Rahmenverträge für Onlineformate individuell prüfen). Über Playlisten kann man eine Auswahl bei Spotify, YouTube oder ähnlichen Plattformen vorschlagen und damit die Gemeinde zu einem gleichen Erlebnis bringen. Man ist verbunden und bekommt die passenden Medien frei Haus geliefert ohne dass die Gemeinde sie einspielen und sich um Gema-Rechte kümmern muss. Allerdings ist die Auswahl gut singbarer Versionen nicht zu vernachlässigen. Wer ohne großen Aufwand selber musizieren kann, darf natürlich auch die Gottesdienstmusik selber einspielen.
  • Das Thema Online-Abendmahl wird heiß diskutiert, seitdem es virtuelle Welten gibt. Vermutlich werden Gemeinden da in den nächsten Wochen sehr kreativ werden. Warum nicht mal neue Wege gehen und in kleinen Hausgemeinden eine hygienische Version erfinden und mit gestreamten Einsetzungsworten eine Verbndung herstellen. Oder alternativ ein gemeinsames Mittagessen aus verschiedenen Häusern per Videokonferenz zusammenschalten und so die Gemeinschaft in Christus feiern ohne die traditionellen Formen zu bemühen. Auch hier kann die Krise eine Chance sein, mit neuen Ideen zu experimentieren.
  • Wichtig ist, gerade in Zeiten der Isolation, dass wir miteinander in Beziehung stehen. Wer alleine zu hause sitzt, kann einfach mal andere Menschen anrufen, denen es ähnlich geht. Als Gemeinde kann man vielleicht eine Zentrale einrichten, wo einsame Menschen sich mit ihren Daten melden können, um sie dnan mit anderen Redewilligen ins Gespräch zu bringen. Es gibt Menschen, die sich per Skype zum gemeinsamen Spielen treffen oder über watch2gether zusammen Videos im Internet schauen und dabei in Gemeinschaft stehen.

All diese Aktivitäten können unser lebendiger Gottesdienst sein und Gemeindeleben online abbilden. Manches kann live gestreamt werden, anderes vorproduziert werden. Manchmal ist es vielleicht auch mal dran, nicht so viel online zu sein, sondern mit den Menschen im eigenen Haushalt echte Gemeinschaft zu erleben, beim #Balkonsingen oder anderen Sozialformen in der näheren Umgebung dabei zu sein oder endlich mal wieder ein anspruchsvolles Buch zu lesen.

Manchmal kann es dran sein, alleine in die Natur gehen und Kontemplation neu entdecken. Einfach sein, Stille genießen, über das Leben nachdenken. Andere werden ihre seelsorgerliche Ader entdecken und als Mitchrist für die Sorgen und Nöte anderer da sein, ansprechbar sein. Und zwischendurch kann echte Online-Gemeinschaft das Leben ergänzen. Die Möglichkeiten sollten wir ernst nehmen, aber wir müssen nicht alle irgendetwas streamen (Jan Witza), sondern bedacht ein möglichst ausgewogenes Leben führen.

Was wünscht ihr euch von der OnlineKirche? Wir freuen uns über eure Ideen und Kommentare auf Facebook, Instagram oder als E-Mail!