20.08.2018
Chat via XMPP
Wir erproben unterschiedliche Kommunikationskanäle, um Austausch und Online-Seelsorge digital zu ermöglichen. Hier einige Informationen und Erfahrungen zum Chat via XMPP.
Was ist XMPP (Jabber)?
Kurz gesagt, XMPP ist ein Chatsystem, ähnlich wie WhatsApp, aber anders.
Etwas genauer: Es ist ein Protokoll [1] das beschreibt wie Softwarekomponenten miteinander kommunizieren um Text, Audio oder Videonachrichten auszutauschen.
XMPP-Chat praktisch
Für den XMPP-Chat benötigt man eine XMPP-ID (Identifikation). Sie ist aufgebaut wie eine E-Mail-Adresse:
Name@Server.Domain. Also z.B. Max.Mustermann@Chatserver.de.
Die Einrichtung einer eigenen XMPP-ID kann z.B. nach der Installation einer mobilen App vorgenommen werden. Dazu werden in der Regel einige Server [3] für die Registrierung vorgeschlagen. Aber auch über einen Webbrowser kann eine ID unabhängig von einer App angelegt werden.
Die OnlineKirche nutzte ab 2018 eine dritte Möglichkeit über die eigene Nextcloud [4]. Dafür stand XMPP-Chat als ein Modul mit einem gemanagten XMPP-Server [5] der Uni Konstanz zur Verfügung. Jeder Nextcloud-Nutzer hatte so auch gleichzeitig eine XMPP-ID. Für diese Integration gibt es allerdings schon länger keine stabile Version mehr.
Für einen 1zu1 Chat klickt man in der Regel das entsprechende Symbol um einen Neuen Kontakt hizuzufügen. Dort wird die ID des gewünschten Chatpartners eingetragen. Nun kann man die erste Nachricht senden. Alternativ kann ein QR-Code erzeugt werden, der vom künftigen Chatpartner gescannt wird, wenn man räumlich beieinander oder in einer Videokonferenz ist.
Dazu gibt es verschiedene Optionen für Gruppenchats, in der XMPP-Fachsprache MUCs (Multi User Chats).
- Einen privaten Gruppenchat erstellen
- Einen öffentlichen Channel erstellen
- Einem öffentlichen Channel beitreten
- Oder Channels entdecken
Hintergründe
Das Protokoll bleibt vor dem Anwender in der Regel verborgen, liegt aber, zumindest teilweise oder als Ausgangspunkt, vielen Chatsystemen und Messengern zugrunde, z.B. auch WhatsApp oder Facebook-Messenger. Das System arbeitet, im Gegensatz zu den gerade genannten Messengern, in seiner ursprünglich intendierten Form dezentral, ähnlich wie E-Mail.
Als XMPP 1999 als Standard veröffentlicht wurde, unterschied man noch zwischen den Bezeichnungen XMPP für das Protokoll und Jabber [2] für die Anwendung. Seit sich die Firma Cisco die Markenrechte an dem Wort "Jabber" gesichert hat, spricht man aber in der Regel nur noch von "XMPP" für Chat-Anwendungen und Messenger, die darauf aufbauen, wobei die Messenger meistens wieder unter ganz anderen Namen angeboten werden. Der bekannteste und quasi Referenz-XMPP-Messenger ist Conversations.
XMPP-Chat ist weiter verbreitet als gemeinhin vermutet wird. Meldet sich in einem Online-System z.B. ein Chatfenster das Hilfe anbietet, so kann es sich durchaus um XMPP handeln. Das betrifft auch die Chatfunktion in Videokonferenzsystemen. Dennoch ist XMPP-Chat im privaten Bereich relativ wenig bekannt.
Nachteile
Bis zur Überarbeitung dieses Beitrages (Ende 2022) gab es immer wieder Probleme mit mobilen Apps für iOS (iPhone, iPad), besonders bei verschlüsselter Kommunikation. Das war auch der Hauptgrund, weshalb es sich im Jahre 2018 und später in der OnlineKirche nicht durchsetzte. Inzwischen gibt es für iOS/iPadOS-Nutzer wohl eine Empfehlung für die App Monal. Damit scheint das größte Hindernis für reibungslose Chats zwischen Nutzern von Android/ Linux und iOS endlich Vergangenheit zu sein.
Die Nutzung von Browserbasierten XMPP-Chat-Anwendungen war (oder ist?), je nach Browsereinstellung, systembedingt nicht oder mitunter nur ungenügend mit Verschlüsselung nutzbar.
Für Desktops ist die Auswahl von Apps geringer, besonders wenn es um einfache Handhabung der Verschlüsselung geht.
Vorteile
Die Bediehnung eines XMPP-Chats ist einfach und unterscheidet sich darin kaum von anderen Messengern.
Die meisten XMPP-Apps werden transparent als OpenSource zur Verfügung gestellt, ebenso die XMPP-Server. Experten können also nachprüfen, wie die Datenverarbeitung erfolgt.
Es werden mehrere Verschlüsselungsmethoden angeboten. Die gebräuchlichste ist zur Zeit die OMEMO-Verschlüsselung. Aber auch das gute alte PGP, welches sich schon Jahrzehnte bei der E-Mail Verschlüsselung bewährt, kann genutzt werden.
In den gängigen XMPP-Apps sind zahlreiche Einstellungen möglich. Im Unterschied zu WhatsApp lassen sich z.B. mehr und differenziertere Privatsphären-Einstellungen vornehmen. So ist es z.B. möglich, den Online-Status zwar bekannt zu geben, aber wiederum nicht zu übermitteln ob man gerade eine Nachricht tippt.
Es gibt zwar auch die Möglichkeit, eine Telefon-Nummer mit einer XMPP-ID zu verknüpfen. Empfehlenswert ist dies jedoch aus Gründen der Datenhygiene nicht. Gerade die Nutzung einer selbstgewählten ID, statt einer Telefon-Nr. ist ein Vorteil gegenüber anderen Chat-Systemen wie z.B. Signal.
Durch die ähnliche Struktur wie sie E-Mail zugrunde liegt, ist man nicht von einem einzelnen Anbieter abhängig, wie das z.B. bei Threema der Fall ist. Das betrifft die App(s) und auch die Server.
Darüber hinaus sind mobile Apps Multi-Account-fähig (z.B. im Gegensatz zu Signal). So könnte man z.B. dienstliche und private XMPP-Konten in einer App und trotzdem getrennt führen.
Welche Bedeutung kann XMPP für die kirchliche Kommunikation haben?
Einen eigenen XMPP-Server zu betreiben, sollte für eine Organisationseinheit wie eine (Landes-)Kirche möglich sein, vielleicht ähnlich wie der Betrieb eines Mailservers. Es würde damit ein System eingesetzt, welches soveräne, sichere innerkirchliche Kommunikation bietet und trotzdem Teil des weltweiten föderalen XMPP-Netzwerkes wäre. XMPP bewährt sich in Datenschutzsensiblen Bereichen [6] und wäre gerade auch deshalb für Kirchen interessant.
Zusammenfassung
XMPP ist eines der ältesten aber nach wie vor modernen Chat-Systeme. Es ist Anbieter- und Appunabhängig. Auch von wenig Technikaffinen Nutzern ist es gut bedienbar.
Verweise und Quellen
Apps und Clients
Android
Linux
iOS, macOS
Windwos
Links mit weiterführenden Informationen zu diesem Beitrag
[3] https://xmpp.org/software/servers.html
[6] https://gultsch.social/@daniel/109828650796048124
Die Slides einer Session des Autors zum Thema: https://pilgerweg-21.de/slides/2019-back-to-the-roots/
Ein Beitrag von Jörg Sorge, überarbeitet Ende 2022
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