03.06.2022
Themenwoche Juni 2022: Antifeminismus in Kirche und Gesellschaft - Dienstag

Von Geschlechtergerechtigkeit und Diskriminierung

Auf den ersten Blick ging es Frauen in Deutschland noch nie so gut wie heute. In den vergangenen Jahrzehnten wurden eine Vielzahl von Diskriminierungen abgebaut, Rechte erwirkt und Freiheiten erkämpft. Doch die gesellschaftliche Stellung von Frauen ist in der Gegenwart nicht unumstritten.

Verschiedene Gruppierungen und politische Strömungen lehnen die Vorstellung einer Gleichheit der Geschlechter ab. Kennzeichnend sind eine Missbilligung von Feminismus, das Festlegen von Frauen auf bestimmte gesellschaftliche Rollen sowie vermeintlich naturwissenschaftliche (und biblische) Begründungen der geschlechtlichen Ungleichheit.

Fragen der Geschlechtergerechtigkeit werden in dem Zusammenhang lächerlich gemacht oder als Luxus einer dekadenten und dem Untergang geweihten Zivilisation dargestellt.

Der Kampf gegen die Gleichheit der Geschlechter wird unter dem Begriff Antifeminismus analysiert. Oft geht damit auch eine Ablehnung von FINTA* und generell queeren Menschen einher. Deshalb wird teils auch von Anti-Genderismus gesprochen.
*Die Abkürzung steht für Frauen, Inter Menschen, Nichtbinäre Menschen, Trans Menschen und Agender Menschen

Frauen haben im Jahr 2021 in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 18 % weniger verdient als Männer (unbereinigter Gender Pay Gap).* Auch in Spitzenpositionen sind Frauen weiterhin unterbesetzt: In deutschen Führungsetagen arbeiteten im Jahr 2021 rund 29 % Frauen.*
*Statistiken: Destatis - statistisches Bundesamt

Im Alltag sind FINTA* zudem auch heute noch regelmäßig von sexistischen Übergriffen betroffen.


Kirche als Teil des Problems und auf dem Weg:

- Erst im letzten Jahrhundert wurde es Frauen in der Evangelischen Kirche offiziell gestattet, als Pfarrerinnen/Pastorinnen zu arbeiten. Die meisten Kirchen der reformatorischen Tradition wie die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) haben die Frauenordination eingeführt und machen sich heute stark für Frauenrechte.

- In der katholischen Kirche gibt es die Möglichkeit der Frauenordination (Ordination = feierliche Einsetzung und Segnung in das geistliche Amt) bis heute noch nicht. Jaqueline Straub, katholische Theologin, Journalistin und Buchautorin, kämpft seit Jahren für mehr Gleichberechtigung für Frauen und Männer in der Kirche.

- 2016 hat die Lettische Evangelisch-Lutherische Kirche (LELB) die Frauenordination (Ordination: feierliche Einsetzung und Segnung in das geistliche Amt) wieder abgeschafft.  

- Im Lutherischen Weltbund (LWB) steht heute bei 85% der 148 Mitgliedskirchen das ordinierte Gemeindeamt sowohl Männern wie Frauen offen.


Auch noch wissenswert:

- Von 1955 bis 1970 gab es ein Verbot von Frauen-Fussball-Mannschaften im Deutschen Fußball-Bund. In der damaligen Begründung hieß es: „… dass diese Kampfsportart der Natur des Weibes im Wesentlichen fremd ist … Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden, und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand.“ Zudem gab der DFB in seiner Begründung eine angeblich gesundheitsschädigende Wirkung des Sportes auf Frauen an, da dadurch ihre Gebärfähigkeit beeinträchtigt werden würde.
Heute sind wir da schon wesentlich weiter. Und es wird darüber diskutiert, dass Männer und Frauen nach dem Vorbild der Niederlande auch im deutschen Amateurfußball künftig gemeinsam in einer Mannschaft spielen dürfen: https://rp-online.de/nrw/staedte/rhein-kreis/sport/vorschlag-frauen-sollen-auch-gegen-maenner-fussball-spielen-duerfen_aid-58244957