26.04.2018
Warum OnlineKirche?

Wir waren als Mitarbeiter der OnlineKirche beim Barcamp Kirche Online (Wittenberg) und auf der der re:publica (Berlin) und haben erlebt, wie wichtig es ist, dass die Kirche mit gelebter Liebe im Internet aktiv ist. Ein Rückblick, der gleichzeitig Ausblick ist.

Wir leben in einer Welt, in der es für viele Menschen normal ist, sowohl analog also auch digital zu handeln. Sie leben online und offline, erleben Freude und Leid ganzheitlich und trennen nicht mehr, ob sie jetzt gerade im Internet sind oder "im echten Leben" Freunde treffen. Denn der Kontakt von Mensch zu Mensch kann sehr direkt im gleichen Raum oder aber per Telefon, Brief, E-Mail, Website oder Messenger geschehen. Wichtig ist, dass man sich die Stärken und Schwächen einer jeweiligen Methode klar macht und nicht nur über die Technik, sondern mithilfe der neuen Medien über relevante Inhalte redet.

Auf einen Kaffee kann man gute Freunde und Familienangehörige in einer unstetigen und globalisierten Welt eben nicht so oft treffen, wie man gerne würde. Aber man kann im digitalen Kontakt bleiben, bis man sich wieder am gleichen Ort trifft. Und diese Onlinebegegnungen können eine enorme emotionale Nähe erzeugen, können echte Bindung aufbauen und Halt in schweren Zeiten geben. Gerade aus kirchlicher Sicht wäre es also fatal, diese Möglichkeiten zur Online-Gemeinschaft vorschnell aufzugeben, nur weil man "das Face-to-Face-Gespräch" umfassender findet. Beides ist wichtig und die Erfahrung zeigt, wer über einen längeren Zeitraum virtuellen Kontakt pflegt, wird sich irgendwann auch treffen wollen. So ist es nicht das primäre Ziel, aber ein zu erwartender Nebeneffekt von OnlineKirchenarbeit, dass sich Menschen auch in der Kohlenstoffwelt wieder stärker auf echte Begegnungen einlassen.

Es gibt zahlreiche Beispiele, wie geistliche Onlinegemeinschaft funktioniert und beim Barcamp haben wir mit den vernetzten Andachten, der Session zu #twalm oder zu VR und 360°-Andachten praktisch ausprobiert. Niemand muss alles machen oder toll finden, aber solange eine Methode Menschen dazu bringt, sich mit geistlichen Tehmen auseinanderzusetzen und einen eigenen Zugang zur Spiritualität zu finden, sollten wir sie fördern.

Die Digitalkonferenz re:publica in Berlin hingegen war ein Ort, an dem deutlich abzulesen war, dass Kirche für viele Menschen der digitalen Geselschaft überhaupt keine Rolle spielt. Sie nehmen sie schlicht nicht wahr und merken nicht einmal, dass ihnen etwas fehlt. Sie feiern mit über 9000 Teilnehmern und 500 Programminhalten quasireligiöse Riten mit Pop-Priestern wie Sascha Lobo, Ranga Yogeshwar und Jan Böhmermann, nutzen regelmäßig (vermutlich unbewusst) religiöse Sprache, Motive und Methoden und sehen die etablierten Kirchen eher als Spaßbremse und ewiggestrige Bedenkenträger.
Dabei ist es in diesem Milieu durchaus chic, gegen die Mainstream-Netzwerke von Google, Facebook und Co zu wettern, faire Alternativen zu propagieren und sich für guten Datenschutz einzusetzen und in so mancher Session hatte ich das Gefühl, dass das hohe Niveau an Gemeinschaft, Selbstreflexion und Methodenkompetenz in kirchlicher Gemeinde- und Jugendarbeit mit den dort referierenden durchaus mithalten könnte. Aber es fehlt die klare und reflektierte Position der Kirche zu Themen wie Digitalisierung und digitale Gesellschaft. Wenn die Onlinekirche also auch nur einen kleinen Schritt dazu beitragen kann, dass Kirche in der digitalen Gesellschaft wieder (positiv) wahrgenommen wird, dann haben wir einen großen Schritt heraus aus der Bedeutungslosigkeit getan. Und das bedeutet nicht, dass alle traditionellen Offlineaktivitäten ab sofort obsolet wären und nicht mehr gewünscht wären. Im Gegenteil, gute Formate zu Ruhe und Besinnung, zum Umgang mit Leid und Trauer und zu gelebter Nächstenliebe werden auch als Körpererfahrungen immer wichtiger werden. Man darf sich natürlich nicht ausruhen, und unmotivert die alten Muster der letzten 500 Jahre weiter abspulen, sondern muss sich Gedanken machen, wie Sprache und Format den Menschen heute gerecht werden, aber dann ist ein echtes Gespräch von Angesicht zu Angesicht auch für Onliner durch nichts zu ersetzen und guten Kaffee bekommt man tatsächlich auch heutzutage noch nicht in der Virtuellen Welt.

Unser Eindruck vom Treffen mit kirchlichen und säkularen Onlinern ist also eine fröhliche Motivation, diese beiden Welten zusammenzudenken und das beste aus beiden zu kombinieren. So wie Paulus über Rundbriefe kommuniziert hat, Luther den Buchdruck nutzte, sollten wir auch heute aktuelle Medien nutzen, um das Evangelium unter das Volk zu bringen. Wir machen uns auf den Weg und freuen uns über jede Form der Unterstützung dabei.

Hier ein Videorückblick vom Barcamp Kirche Online (26.-28. April 2018):